Dies ist ein Geständnis: Ich bin Weihnachtsromantiker aus tiefstem Herzen und seit langer Zeit. Der Dezember ist die Zeit der Traditionen oder besser: des jährlichen Neuaufstellens derselben. Denn ehrlich gesagt: Meine Weihnachtsromantik von heute hat ausgesprochen wenig mit den Gefühlen meiner Kindheit zu tun und sie hat sich auch mit dem zunehmenden Alter unserer Kinder gewandelt. Zum Positiven. Denn im besten Fall ist dies die Zeit des Ausbremsens der hektischen Jahresgeschwindigkeit. Eine Zeit des gemeinsamen Erlebens von Kultur-Ereignissen und des Sich-Beschenkens mit dem wertvollsten, das man hat: mit Zeit.
Denn – auch dies ganz ehrlich gesagt: Ich bin genervt von alledem, was uns die bunte Warenwelt und ihre Prophet:innen als Weihnachtsromantik – im wahrsten Sinn des Wortes – „verkaufen“ wollen: Geschenkewahnsinn. Supermarkt-Lebkuchen ab September. Last Christmas und Schleife drum.
Orankelichter: Ein Kulturweihnachtsmarkt mit Herz
Warum aber organisieren wir dann mit dem Fachhandel für Ereignisse einen Weihnachtsmarkt, mithin in der traditionellen Vorstellung exakt jenen Hort des exzessiven Konsums billiger, lauwarmer, zuckersüßer Weinersatzgetränke und vierwöchiger Schallisolation in einer schepperigen Last-Christmas-Dauerschleife? Einfache Antwort: weil unser Kulturweihnachtsmarkt Orankelichter das exakte Gegenteil ist. Wir schreiben KULTUR groß und kommerz klein. Wir möchten unseren Gästen eine schöne Zeit schenken und ihnen die Möglichkeit geben, am Strand und am Feuer, beim Basteln mit den Kids, beim Genuss von Märchen und Konzerten auf ein paar andere Gedanken zu kommen und den Stress tatsächlich für ein paar Stunden irgendwo in die Ecke zu stellen.
Der Einfluss der Pandemie auf den Kulturweihnachtsmarkt
Als die Idee für einen Kulturweihnachtsmarkt aufkam, rollte gerade wieder eine große Corona-Welle heran, von der wir etwas ahnten, aber sicher nicht wussten, dass sie einen November-, Dezember-, Januar- undsoweiter-Lockdown nach sich ziehen würde. Das war 2020 und der erste Orankelichter Kulturweihnachtsmarkt, an dem wir lang getüftelt hatten, fand nicht statt. Erst 2021 konnten wir die Türen des wunderschönen Strandbades Orankesee erstmalig im Winter öffnen und unter ziemlich umfangreichen Hygieneschutzmaßnahmen die Orankelichter leuchten lassen. Unsere Mittel waren begrenzt, unser Ansatz DYI: alles selbst aufbauen, die Lichterketten im Großmarkt kaufen und hoffen, dass die Stromversorgung hält.
Die einzigartige Magie der Orankelichter
Aber die Magie war sofort da. Und das hat ganz viel mit dem schönen Ort zu tun, der aus den Orankelichtern etwas ganz besonderes macht. Zumindest kenne ich keinen anderen Weihnachtsmarkt, der an einem Strand stattfindet und bei dem die Menschen einfach entspannt am Lagerfeuer sitzen und abwechselnd in die Flammen und auf den See blicken können. Diese wohldosierte Ruhe und Romantik, in Verbindung mit Kinderopern, liebevoll betreutem Geschenkebasteln, gutem Essen und einer hohen Aufmerksamkeit fürs Detail – das ist es, was die Orankelichter für uns sind.
Ja, wir müssen Eintritt nehmen, um die vielen Konzerte, Poetry-Slams, Lesungen, Feuershows und Walking Acts finanzieren zu können. Aber am Ende ist es die Weihnachtsromantik, die uns an vielen Stellen immer wieder antreibt, noch ein paar Euro mehr zu investieren, als wir einnehmen, um aus den Orankelichtern genau die Art von winterlichem Festival zu machen, auf der wir uns selbst auch am wohlsten fühlen. Und ja: sogar „Last Christmas“ war hier schon – wohldosiert – zu hören.