Warum der 21. Juni einer der schönsten Tage des Jahres ist
Es steht immer noch im Schrank und hat alle Umzüge, Lebensstationen, Berufswechsel, Höhen und Tiefen überlebt. Man sieht ihm das Alter durchaus an – und ist mitunter auch froh, dass sich im Bereich digitaler Grafikprogramme doch einiges getan hat seit 1996. Und doch ist das Programmheft der Fête de la Musique 1996 ein bemerkenswertes Dokument für mich und ein Stück Zeitgeschichte, an dem ich das unfassbare Glück hatte, mitwerkeln zu dürfen.
Damals war ich Musikjournalist, unter anderem für die Zitty und wurde vom damaligen Musikredakteur Johnny Wächter an Simone Hofmann vermittelt, die neben vielen anderen Veranstaltungen auch ein neues Projekt für Berlin an den Start bringen wollte: die Fête de la Musique. Viel zu groß, viel zu ambitioniert und viel zu spät in allen Planungsvorläufen – aber eine grandiose Idee: Musik aller Genres in allen Straßen, Gassen und Plätzen der Stadt. Bei freiem Eintritt und damit ohne soziale Barriere. Alle arbeiten für dieses Ziel und investieren Zeit, Geld, Liebe, Nerven und musikalische Leidenschaft für einen Tag… an dem es mitunter auch regnen kann im doch nicht ganz so mediterranen Berliner Sommer. So geschehen im Sommer 1996, 1997, 1998, … Aber egal.
Ich habe viele Freundschaften über die Fête de la Musique geschlossen, die bis heute halten. Ich habe meine Frau kennengelernt über diese Veranstaltung und ihr einen Heiratsantrag gemacht. Am 21.6. Ich habe Musik kennengelernt, die ich vorher nicht kannte und ich konnte Musiker:innen nach Berlin einladen, die aus Prag, Budapest, Istanbul, Neapel, Paris oder Athen nach Berlin kamen.
Das alles ist fast 30 Jahre her – und es gibt uns immer noch: Die Fête und all die tollen Menschen, die sich jedes Jahr wieder auf das Abenteuer einlassen. Mittlerweile haben wir über 200 Bühnen und Musikorte in der Stadt und feiern die Fête als ein großes Fest der Alltagsheld:innen und der ehrenamtlich engagierten Menschen, die es mit ihrer Musik, mit ihrer Arbeit, mit ihrer Zeit und ihrem Einsatz ermöglichen, dass viele tausende Menschen in Berlin die Musik an diesem Tag genießen können. Was für eine wunderschöne, gelebte Utopie und was für ein starkes Zeichen dafür, was Menschen alles gemeinsam erreichen können, wenn sie die Plattform und den Raum dafür haben. Vive la Fête!