Die Heiligen 3 Weihnachtsplatten-Könige
And please remember, people: WAR IS OVER, if you want it. Merry christmas from Yoko & John
Weihnachten und Musik – das ist nicht in jedem Fall eine Liebesheirat. Schon gar keine harmonische. Das strikte Verweigern einer gemeinsamen Tonart für „Oh, Du Fröhliche“ durch die lieblos zusammengewürfelte Gottesdienst-Zwangsgemeinschaft am Heiligen Abend ist das eine. Lars Kristmes, der seinen Namen ständig von Wham gesungen im Radio hört, ist das andere. Auf dem Weg von der Vorweihnachtszeit in die Feiertage kann also eine Menge schief gehen, weshalb ich persönlich sehr froh bin, meine 3 musikalischen Wegbegleiter durch wirklich selige, soulige, swingende, rockende Dezembertage unverrücklich gefunden haben.
Meine persönlichen Weihnachtsplatten-Lieblinge:
Eisbrecher auf meinem Weg vom Lametta-Nihillisten hin zum X-Mas-Romantiker war in den späten 80ern/frühen 90ern der Sampler „A Very Special Christmas“. Der rote wohlbemerkt. Es gab ja mehrere Editionen in mehreren weihnachtlichen Farben. Aber es geht nichts übers Original. Dass die Pointer Sisters den Santa Claus standesgemäß beim „coming to town“ begleiten würden, war ja noch vorhersehbar. Aber wie das Material Girl Madonna den Geschenkebringer in „Santa Baby“ umgarnt, damit er auch ja die vollkapitalistische Wunscherfüllung vollzieht – bis hin zum Diamond Ring – ist ebenso grandios wie die abgehangene Performance von Run DMC. Keine Socke hängt lässiger überm Kamin. Bruce Springsteen schafft sich rein wie in jeden anderen seiner Arbeitersongs auch – und lässt bestenfalls Romantik durchblicken, als er die Weihnachtswünsche der üblicherweise sprachlosen E-Street-Band ans Publikum übermittelt.
Als die Mauer meiner Gefühlswiderstände also durchbrochen war, wurde der emotionale Weihnachtseisklotz (also ich) offener für komplexere Dinge. Und herein kam Sufjan Stevens mit seiner exquisiten Box „Songs For Christmas“, die so neckisch wie berechtigt den charmanten Untertitel „Singalong ((in Stereo Hi-Fi))“ trägt. Der Mann, dessen Lebenswerk darin besteht, zu jedem Bundesstaat der USA ein Album zu veröffentlichen, hat sich auch an Weihnachten abgearbeitet: Fünf Alben, ein Comic-Familienidyll-Wendeposter, ein dickes Songbook mit Texten und Akkorden sowie ein Stickerbogen mit Löwe, Rentier, Eule und anderem Federvieh macht jedes weitere Geschenkkisterl unterm Weihnachtsbaum überflüssig. Mal arbeitet sich Sufjan an den Originalen ab, mal kratzt er autistische Glockenspiel-Klangkunst in die Rillen, mal croont er in seiner bekannten Anti-Folk-Manier. Und immer ist es ein Genuss.
Optisch weniger opulent, musikalisch dafür umso kalorienhaltiger ist „It’s a Holiday Soul Party“ von Sharon Jones & The Dap Kings. Phil Spectors Wall of Sound wurde hier quasi mit Backsteinen aus Dresdner Christstollen und Christmas Pudding nachgebaut. Der „Little Drummer Boy“ lernt zum ersten Mal in seinem langen, leidvollen Leben (ich erinnere mich an indignierende Momente im Schulunterricht, in denen ich als angehender Schlagzeuger genötigt wurde, mit der Solo-Snare zum Schülerchor zu dengeln) das Tanzen. Bittere Armut wird thematisiert, wenn Santa Claus keine Geschenke in die Vorstadt bringen kann, weil es im gesamten Wohnungsbauprojekt keine Schornsteine gibt: „It wasn’t Santa who got that magic done / but momma now I know, you were the one“. Und bereits mit dem Opener „8 Days Of Hanukah“ macht Sharon Jones aus dem vermeintlich christlichen Konsumfest eine welt- und religionsumspannende Party. Let’s dance! Let’s have a lot of merry good christmasses around the world.
And please remember, people: WAR IS OVER, if you want it. Merry good christmas from Yoko & John.
Die Playlist findet ihr auch in unserem YouTube-Channel!