Ich freue mich auf den Sonntag. Denn Sonntag ist umdieeckegedachter Vinyltag. Um die Ecke deshalb, weil Sonntag eigentlich Hausputztag ist, es mir im Laufe meiner diesbezüglichen Karriere aber gelang, die Aufgaben allesamt strategisch günstig um die heimischen Schallplattenspieler zu gruppieren: Küche, Bad, Wohnzimmer. Staubwischen, Krümel aus der Ritze an der Ofentür pulen, an die man normalerweise nicht rankommt. Und dazu: Schätze aus der Plattenkiste. Die quälende, allsonntäglich sich stellende Frage ist nur: Was? Wer? In welcher Reihenfolge?
Gestern zum Beispiel hat nichts gestimmt. Beim Frühstückmachen hatte ich noch mit dem irgendwie schmutzigen und doch verführerischen Gedanken gespielt, mich durch das komplette Rainbow-Oevre zu hören, dabei gedanklich schon die Pommesgabel gereckt und im Kopf „Long Live Rock’n’Roll“ und „Man On The Silver Mountain“ krakeelt. Stagediven vom Badewannen-Rand, Schrubber = Luftgitarre. Alles sauber dank der göttlichen Sangeskraft von Ronnie James Dio. Aber dann habe ich ans Rainbow’sche, durchaus schreckliche Spätwerk gedacht und den Tee der sanften Altersmilde gekocht.
Also nichts Durchgehörtes. Nichts Abgenudeltes. Vielmehr: Seltenheiten. Nicht allzu oft Gehörtes (nicht dass ich allzu oft Rainbow höre…). Von daher war Junip zum Einstieg perfekt: „Fields“. Herrliches Hippie-Geschwelge auf Doppelvinyl, gehüllt in ein pastellenes und doch farbenfrohes Pappcover, das von Illuminati-Zeichentrick bis Berklee-Summer-of-Love 1968 tausenderlei Assoziationen zulässt. Schwedischer Midsommer-Hippiekram eben. Einzig der Gesang von José Gonzalez lässt manchmal – darf man das sagen? oder ist es schon Blasphemie? Egal. – so ein komisches REO-Speedwagon-Gefühl aufkommen. Aber vielleicht hat das auch mit dem scharfen Antikalk-Putzmittel zu tun.
Letzter Song: „Tide“. Und danach ließ mich das Selector-Geschick im Stich: 2 x Radiohead, was ja grundsätzlich nicht verkehrt sein muss. Aber „Amnesiac“ UND „The King Of Limbs“ hintereinander nehmen irgendwie den Schwung aus der Reinigung. Schnell verblasst das innere Hochgefühl beim Rausziehen der beiden 10-inches von „Amnesiac“ und die Putzbewegungen werden unfassbar verlangsamt. Es entsteht der Wunsch, jedes Katzenhaar einzeln mit Pinzette vom Sofa zu peelen. Stück für Stück für Stück. Wo war nochmal unser Elektronenmikroskop?
Abstauben – Playlist 12.3.:
Junip: Fields (2010, Cityslang)
Radiohead: Amnesiac (2001, EMI/Capitol)
Radiohead: The King of Limbs (2011, XL Recordings)
Fatalerweise nicht gespielt:
Rainbow: Long Live Rock’n’Roll (1978, Polydor)
Rainbow: Rising (1976, Polydor)