Das eigentliche Disput-Thema wurde auf der c/o pop hinter den Kulissen und vor der eigentlichen Diskussion auf der Bühne im Cinenova Kino ausgehandelt: Können Nordhess:innen überhaupt Grüne Soße machen? Und warum nehmen die Südhess:innen für ihre Wurstwaren Rind- statt Schweinefleisch? Wie soll so überhaupt aahle Rote Wurscht entstehen? In the green corner: Runa Hoffmann und Aida Baghernejad (Südhessen). In the red corner: Björn Döring (Nordhesse). Aus dieser Diskussion leider ausgegrenzt: Pierrot Raschdorf (Ostfriese) und Antje Shoemaker (Niederrhein).
Aber eigentlich geht es ja um etwas ganz anderes: Als Fachhändler für Ereignisse ist man ständig auf der Suche nach neuen Inspirationen, Kooperationen und Antworten auf dringende und dementsprechend bohrende Fragestellungen. In diesen Tagen im späten April gibt es keinen besseren Anlass, keinen besseren Ort, um derlei Dingen nachzuspüren als die c/o pop in Köln, die ihren 20. Geburtstag feiert.
DEI – die verhinderte Superpower der Musikindustrie?
Die Gründer und kreativ nimmermüden Geister Norbert Oberhaus und Ralf Christoph hatten mich eingeladen, für unseren Fachhandel und für den Verein für Popkultur auf einem Panel zu sprechen, das einen geradezu bombastischen Titel trug: „DEI – die verhinderte Superpower der Musikindustrie?“
Gemeinsam mit so klugen wie wunderbaren Menschen wie Antje Shoemaker, Runa Hoffmann und Pierrot Raschdorf und moderiert von der ebenso klugen und wunderbaren Aida Baghernejad haben wir über die Notwendigkeit der dauerhaften, ernstgemeinten und in die Tiefe gehenden Implementierung von Diversity, Equity und Inclusion gesprochen. Wir haben kurz unsere Ernüchterung darüber geteilt, dass auch die vermeintlich progessive Musikindustrie noch einen weiten Weg vor sich hat. Wir waren uns einig, dass es mit plakativen und leider auch ein bisschen feigenblattorientierten Sonderaktionen wie Playlists zu beliebten Schlagwörtern wie etwa „Women in Music“ längst nicht getan ist. Viel mehr enstehen so neue Schubladen, die bei Belieben geöffnet werden können. Und wir haben Antje Shoemaker sehr gut verstanden, als sie sagte, dass es viel schöner wäre, wenn Künstler:innen vor allem über ihre Musik sprechen könnten, statt in erster Linie über ihr Geschlecht, ihre Hautfarbe oder darüber, wen sie wie und warum lieben.
Die Argumentation
Vier Viertel unserer Runde waren sich am Ende darüber einig, dass die Einführung und dauerhafte gelebte Implementierung von DEI in Firmen, in Teams und auf Bühnen essentiell für die Zukunft der Musikindustrie ist. Drei Viertel warnten aber davor, die Bürde einer vermeintlichen Superpower nicht auch noch auf den Rücken der Menschen zu packen, die in allererster Linie Schritte zu einer neuen Normalität gehen wollen. Pierrot Raschdorf sah das aber anders und schloss das Panel mit den schönen Worten ab, dass aus Teams, die divers, wertschätzend, gleichberechtigt und inklusiv arbeiten, sehr wohl eine neue und große Kraft für die Gesellschaft entstehen kann. Eine Kraft, die letztlich auch die wirtschaftlichen Erfolge von Musik-Unternehmen beflügelt. Denn in diesen Unternehmen dann Menschen arbeiten, die sich wertgeschätzt fühlen als Personen und mit ihrer Arbeit. Und wer kann erfüllter arbeiten als ein glücklicher Mensch?
Disclaimer: Nur der Disput mit der Grünen Soße und der Roten Wurst wird Nord- und Südhessen auf ewig entzweien. So viel kulturelle Akzeptanz und Toleranz gibt es dann eben doch nicht…